Weihnachtsgruß von Landesbischof Meister
Es ist ein Weihnachtsbrauch geworden. Zu Weihnachten am Heiligen Abend sind Gäste an unserem Tisch. Fast beiläufig hat es sich ergeben. Waren es zu Beginn Freunde, von denen wir wussten, dass sie allein feiern, so sind es über die Jahre Menschen geworden, die in unserem Land Heimat suchen. In unserem Gästebuch finden sich Einträge auf Farsi und Arabisch von Rajhab, Ali und Asef. Sie besuchten mit uns den Gottesdienst und wir aßen und sangen miteinander. Dann tauschten wir kleine Geschenke aus. Für unsere Familie ist ein Weihnachtsabend ohne Gäste aus der Ferne nun schon eine Ausnahme geworden. Im ersten Coronajahr blieben wir mit unseren Kindern alleine. Schön und zugleich seltsam war das. Gerade wenn am späten Abend dann per WhatsApp und SMS die Grüße versendet werden an die Freunde, die nun an anderen Orten leben oder wieder in der Ferne sind.
In unser Miteinander gehört auch die Gemeinschaft mit einer yezidischen Familie aus dem Nordirak, die seit fünf Jahren mit fünf Kindern in unserem Haus wohnt. Uns verbinden nicht die Sprache, nicht die Herkunft, nicht die Religion oder die unzähligen kulturellen Prägungen, die ein Leben formen. Uns verbindet nur das Menschsein in der großen Familie der Menschheit. Geschöpfe des einen Gottes, der uns zueinander weist.
In diesem Jahr wird zur Heiligen Nacht Yaakoub aus Palästina mit uns am Tisch sein. Er ist neu angekommen in unserem Land und studiert in Stuttgart. Wir kennen seinen Vater, Taxifahrer in Bethlehem, der unsere Tochter in ihrem Freiwilligenjahr in Palästina behütet hat. Nun ist sein Sohn bei uns zu Gast. Weihnachten rückten alle zusammen. Auch die, die sonst nichts miteinander verband. Die Privilegierten und die, die nichts hatten, die Menschen auf der Flucht mit denen, die für diese Nacht ihre Luxusherbergen verlassen hatten. Und sie waren alle zusammen als sich der Himmel öffnete und Einer sagte: Habt keine Angst, es wird Frieden!
Ralf Meister
Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers