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Hilfe in Corona-Zeiten - Obada Jalbout aus Göttingen engagiert sich


„Etwas weiter nach rechts, gleich stehst du davor. Ja, genau das ist unsere Lieblingsmilch.“ So tönt die Stimme aus dem Smartphone, die den jungen Mann durch die Regalreihen des Supermarkts dirigiert. Der junge Mann ist Obada Jalbout. Die Stimme aus dem Handy gehört Liz Eck, für die er den Wocheneinkauf erledigt. Da Reimer, der Mann von Liz, eine Vorerkrankung hat, meidet auch sie in Corona-Zeiten Supermärkte und Einkaufszentren.

„Meine Frau Raghad und ich haben Liz und Reimer vor ein paar Wochen angeboten, dass ich für sie einkaufen gehe“, sagt Obada Jalbout. Liz und Reimer Eck, die den jungen Mann und seine Frau seit ihrer Ankunft aus Syrien vor fünf Jahren unterstützen, nahmen das Angebot dankend an. „Ich schicke Obada meine Einkaufsliste per WhatsApp“, erzählt Liz. „Per Videocall ruft Liz mich dann an, wenn ich im Laden bin und dirigiert mich“, berichtet Obada lachend, „es ist fast wie Tele-Shopping“.


Glückstag in dreifacher Hinsicht

„Ich tue das sehr gerne“, sagt Obada. „Das ist ganz selbstverständlich, weil die beiden für mich und meine Frau wie Mutter und Vater sind.“ Er erinnert sich sehr gut an den Tag, als er vor mehr als fünf Jahren, Anfang Februar 2015, Liz kennenlernte: „Es war mein Glückstag, an dem ich drei gute Nachrichten erhalten habe.“ Als Erstes erfährt er, dass er eine Mietwohnung in Göttingen bekommt und nicht mehr länger in der Unterkunft im Landkreis wohnen muss. Dort hatte er ein Jahr gelebt, nachdem er vor dem Krieg in Syrien nach Deutschland geflüchtet war.

Als Zweites lernt er bei einer Begegnung der Freien Altenarbeit Göttingen, die das örtliche Migrationszentrum organisiert hatte, Liz Eck kennen. Bei dem Treffen erzählt Obada den älteren Menschen von seiner Flucht über das Mittelmeer, bei der er um sein Leben fürchtete. Am Ende kommt er mit Liz ins Gespräch. „Obada war mir auf Anhieb sympathisch“, erinnert sich Liz. „Ich gab ihm meine Telefonnummer und sagte ihm, melde dich, wenn ich etwas für dich tun kann.“ Und Obada antwortet, „und melde du dich, wenn ich etwas für dich tun kann“. Die Reaktion beeindruckte Liz.

Als Drittes erfährt Obada am Abend desselben Tages, dass seine Frau Raghad Tanbakji, die zu dem Zeitpunkt noch in Syrien ist, endlich das ersehnte Visum für Deutschland bekommen hat. Liz und Reimer helfen, den Flug zu buchen, eine Bekannte von ihnen übernimmt spontan die Hälfte der Kosten. Schon drei Wochen später, Ende Februar, ist Raghad in Deutschland.

Seitdem treffen sich die vier regelmäßig, anfangs besprachen sie bürokratische Dinge, dann lernten sie zusammen Deutsch, jetzt kochen sie miteinander. Inzwischen hat sich ein enges Verhältnis entwickelt. Raghad und Obada gratulieren Liz, deren eigene Kinder weiter weg wohnen, jedes Jahr ganz selbstverständlich zum Muttertag.


„Ich möchte nicht, dass mein Sohn wie ich ohne Pass leben muss“

Seit zwei Jahren haben Raghad und Obada selbst ein Kind - einen kleinen Sohn, der in Göttingen geboren ist. Für ihn wünschen sie sich, dass sie als Familie die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Zurzeit ist der Kleine wie sein Vater staatenlos. Obada gehörte zur palästinensischen Minderheit in Syrien. Sein Großvater war aus Palästina nach Damaskus geflohen. Obada sagt: „Ich möchte nicht, dass mein Sohn wie ich die Erfahrung machen muss, wie es ist, ohne Papiere zu leben. Man hat weniger Rechte, kann z. B. keine Dienst- oder Urlaubsreisen ins Ausland machen.“

Die Chancen, einen deutschen Pass zu erhalten, dürften gut stehen für Obada und seine Familie. Seit drei Jahren arbeitet Obada Jalbout als IT-Koordinator am Institut für Medizinische Informatik der Universitätsmedizin Göttingen. Raghad Tanbakji macht eine Ausbildung zur IT-Fachinformatikerin. Für die Beantragung der deutschen Staatsbürgerschaft fehlt Obada nur noch ein Deutschkurs für das Sprachniveau B2, der zurzeit wegen Corona aber leider nicht stattfinden kann.


PC-Spende für Geflüchtete

Unterdessen engagiert er sich ehrenamtlich: Neulich initiierte er eine Sachspende des Instituts für Medizinische Informatik ans Migrationszentrum. Dreißig ausrangierte, aber noch voll funktionsfähige PCs aus dem Lager der Universitätsmedizin Göttingen, hat Obada in seiner Freizeit neu installiert und für die Weitergabe vorbereitet. Weitere PCs sollen folgen. Sie sind für Kinder geflüchteter Familien bestimmt, die in Zeiten des Home Schooling dringend darauf angewiesen sind. Obada Jalbout hält das für sehr sinnvoll: „Auch hier freue ich mich, dass ich dem Migrationszentrum, das mich über Jahre unterstützt hat, nun etwas zurückgeben kann.“

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