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Deutsch für Azubis: Ausbildung und Spracherwerb in Einem

Das Projekt „1+2“ in Oldenburg verzahnt die Ausbildung von Geflüchteten mit dem fachspezifischen Ausbau vorhandener Deutschkenntnisse. Die Teilnehmenden erhalten insgesamt ein Jahr länger Zeit als Muttersprachler, um sich auf den Beruf vorzubereiten.

Immer mehr junge Geflüchtete in Deutschland streben eine Ausbildung an. Laut Bundesagentur für Arbeit hat sich ihre Zahl zwischen 2016 und der jüngsten Erhebung Ende 2018 beinahe vervierfacht, auf mehr als 38.000. Für Unternehmen ist das eine gute Nachricht. Denn Jahr für Jahr bleiben Tausende Ausbildungsstellen aus Mangel an Bewerberinnen und Bewerbern offen. Damit Geflüchtete Lücken im Ausbildungsmarkt füllen können, benötigen sie Unterstützung, vor allem beim Spracherwerb. Und diese Herausforderung haben Politik, Wirtschaft und Gesellschaft unterschätzt. So sieht es Heiner Paffenholz, der bei der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer (IHK) das Team Fachkräfteberatung leitet.


Neue Lösungen gefragt

„Junge Menschen einen Sprachkurs absolvieren zu lassen und dann auf die Berufsschule beziehungsweise in einen Betrieb zu schicken, führt oft zu Frusterlebnissen“, sagt Paffenholz. Denn der allgemeine Deutschunterricht bereite nicht hinreichend auf die spezifischen Anforderungen an der Berufsschule und im Betrieb vor. „Viele Geflüchtete kommen nicht mit und werfen überfordert das Handtuch“, so der IHK-Experte.

Paffenholz und sein Team begaben sich deshalb auf die Suche nach einer alternativen Lösung – und fanden Inspiration in Franken. Ein Coburger Projekt namens „1+3“ wurde zum Vorbild eines eigenen Konzepts, das die IHK Oldenburg, die Berufsbildenden Schulen (BBS) Wechloy und der Verein pro:connect gemeinsam entwickelten und nun mit sechs Unternehmen der Umgebung umsetzen: Im Oldenburger Projekt „1+2“ lassen sich junge Geflüchtete zu Verkäufer/innen beziehungsweise Fachlagerist/innen ausbilden.


Ausbildung an Spracherwerb gekoppelt

Die „2“ im Projektnamen steht für die übliche Dauer der Ausbildung in den beiden Berufen, also zwei Jahre. Zusätzlich bekommen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein Jahr lang die Chance, parallel zur Ausbildung ihre Deutschkenntnisse fachspezifisch zu erweitern. Der Ablauf gestaltet sich wie folgt:


  • Eine Sprachwissenschaftlerin ermittelt die Deutschkenntnisse der Ausbildungswilligen. Je nach Niveau empfiehlt sie die Aufnahme ins Projekt oder rät ab.
  • Die Teilnehmenden lernen die Berufe bei Unternehmen der Region in Schnupperpraktika kennen. Anschließend wird gemeinsam entschieden, ob ein Ausbildungsvertrag zustande kommen soll.
  • Die Auszubildenden gehen im ersten Jahr zwei Tage pro Woche in den Betrieb, zwei Tage in den Sprachunterricht, und einen Tag werden sie in der Berufsschule mit wirtschaftskundlichen Grundlagen vertraut gemacht.
  • Im zweiten Jahr stehen je anderthalb Tage Sprachunterricht und Berufsschule an (in den jeweiligen Berufsschulklassen). Zwei Tage verbringen die Teilnehmenden im Betrieb.
  • Das dritte Jahr teilt sich in drei Tage im Betrieb und je einen Tag an der Sprach- beziehungsweise Berufsschule auf.


Ausblick

Die Pilotphase von „1+2“ startete im September mit 15 jungen Männern und Frauen zwischen 17 und 35 Jahren, die unter anderem aus Afghanistan, Iran und Syrien stammen. Im kommenden Jahr wollen die Partner gemeinsam mit den sechs beteiligten Unternehmen evaluieren, ob sich eine Ausweitung des Projekts empfiehlt. „Unser Ziel besteht darin, mehr Ausbildungsberufe anzubieten und das Projekt auf die gesamte IHK-Region auszurollen“, sagt Heiner Paffenholz. Schon jetzt gehe das Interesse allerdings über die Landkreise um Oldenburg weit hinaus. „Sogar aus München haben wir einen Anruf bekommen.“


Mehr zum Projekt unter www.ihk-oldenburg.de/1plus2

 
Startveranstaltung zum Projekt 1+2 am 02.09.2019
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